„Wie geht es dir?“
Die Beantwortung dieser einfachen Frage brandet heute in einer wuchtigen Welle aus Tränen und Wörtergeröll an das Ufer meines Fragestellers.
In einem Moment meiner eigenen Unachtsamkeit (ich bekomme ihn nicht einmal mit), lasse ich die Tür zu meiner Seele angelehnt. Und die geballte Komplexität einer von zwei möglichen Antworten betritt ganz selbstverständlich mein sorgsam aufgeräumtes Terrain.
Gestern noch konnte ich ohne Umschweife die zweifellos kürzeste Antwort auf „Wie geht es dir?“ geben. Heute hingegen fliegt mir meine Tarnung um die Ohren.
Ohne ein einziges Mal runterzufallen bin ich entschlossen gesurft auf meiner Welle der Selbst-Befreiung. Bis hierher bin ich gekommen unter Ausschluss einer Stellungnahme zu meinem Verlust. Nicht blinder Aktionismus sondern wohlüberlegte Planung strukturiert mein Handeln seit ich meinen Entschluss gefasst hatte. Wenngleich ich weiß, Emotionen und ihre Eruptionen lassen sich nicht planen, hatte ich angenommen, ihnen bereits ein Stück entkommen zu sein. Ich glaubte mich gefeit vor sentimentalen Rückblicken.
Und nun tippt dein „Wie geht es dir?“ mitten in eine Wunde, die ich bis jetzt nicht einmal wahrhaben wollte: Eine Dekade unsinkbarer Liebe hat Schiffbruch erlitten.
Weil ich lange zögerte, das sinkende Schiff zu verlassen, hielt ich meinen Seelenzustand für bereits ausreichend gefestigt. Plötzlich finde ich mich tieftraurig in einer gebrochenen Ecke meines Herzens wieder- dort wo der romantische Regen fällt und mir Geschichten von Happy Ends erzählt.
Hatte ich mich für unverwundbar gehalten? Nein.
Jedoch hatte mein Verstand so oft einen Druckverband an mein blutendes Herz legen müssen, dass ich zumindest das Gröbste für überstanden hielt. Was jetzt Stück für Stück an die Oberfläche treibt, ist das Plankton meiner verlorenen Liebe. Schwimmende Reminiszenzen, deren Richtung bestimmt wird von den launischen Auswürfen meines Großhirns.
Die Option, mit einer Fünf-Liter-Packung Walnusseis und einer Familienvorratsbox Kleenex via Schnulzen-Komaglotzen tagelang vor mich hin zu rotten, besteht für mich nicht. Ich muss Haltung zeigen. Vor mir selbst. Vor meinem Kind.
Liebeskummer schert sich einen Scheiß um Contenance.
„Wie geht es dir?“
Danke, gut.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Puh, Katja…..
Sprachlos…..
Jede Träne die grad bei mir rollt, erzählt ihre eigene (stille…unsagbare…nicht erzählbare…) Geschichte…
Der Satz der hängen bleibt…
“ Liebeskummer schert sich einen Scheiß um Contenance. “
Sei umarmt…..
♥