Zu meinen Füßen liegt ein irrsinniger Wust an Möglichkeiten. Das sind alles meine selbst erdachten Wege, die ich alle gehen will. Irgendwann.
Genau dieses Irgendwann ist mein Dilemma. Es ist für die meisten von uns unangefochtene Nummer eins der Verzögerungstaktiken. Es endet im Niemals.
Niemals war lange Zeit meine erste Wahl. Denn irgendwas ist ja immer. Und Irgendwas vertagt dann eben die Möglichkeiten auf Irgendwann und lässt zu, dass sie sich im Nirvana von Niemals unwiederbringlich auflösen.
Die imposante Menge an Möglichkeiten machte auf mich lange Zeit einen einschüchternden und angsteinflößenden Eindruck. Sollte sie nicht eher glanzvoll und ermutigend auf mich wirken? Schließlich sind all diese großen und kleinen Hirngespinste von mir höchstselbst erdacht, damit Abbild meiner vielschichtigen Persönlichkeit. Außerdem: ich mag ein vorsichtiger Mensch sein, aber kein Hasenfuß.
Zeugt nicht die Fähigkeit zu träumen, zu sinnieren, mir alle möglichen Optionen von Leben gedanklich auszumalen von Kraft, Mut und Lebendigkeit?
Was also hält mich davon ab, aus dem Irgendwann ein Jetzt zu machen?
Es ist das Wo beginne ich? Wo fange ich an mit der Verwirklichung meiner unbegrenzten Möglichkeiten? Welches meiner Luftschlösser rette ich zuerst vor dem ewigen Dornröschenschlaf? Denn Fakt ist: ein Prinz ist bis jetzt nicht aufgetaucht. Die Sache mit dem Wachküssen muss ich schon selbst in die Hand nehmen.
Also, Flaschendrehen, Lose ziehen, Prioritätenlisten erstellen, um das Wo herauszufinden?
Nichts dergleichen. Es geht gar nicht darum, wo ich beginne. Dass ich beginne ist der springende Punkt. Ich selbst bin der Prinz, der Wachmacherküsse verteilt. Egal, auf welche meiner Visionen. Hauptsache, küssen. Ich meine damit, meine Träume liebkosen, ihnen zeigen, dass sie mir wichtig sind, dass ich sie will. Dass ich sie nicht im Kerker von Niemals sterben lassen werde.
Diese Einsicht brauchte ihre Zeit. Und diese Zeit hat mein Niemals langsam, aber stetig zersetzt.
Mein irrsinniger Wust an Möglichkeiten- es ist etwas passiert damit. Er liegt nicht mehr zu meinen Füßen. Tausend gedanklich gesponnene Fäden halte ich in meinen beiden Händen und ich verspüre die Kraft, die ihnen innewohnt. Denn es sind alles meine selbst erdachten Wege, die ich alle gehen will. Jetzt. Und ich entscheide mich für irgendeinen. Ich beginne irgendwo.
Ich zeige meinen Träumen, dass ich ihnen begegnen will.*
* Frei nach Fabio Volo. Aus: Einfach losfahren