Als Gedicht der Woche habe ich für Dich erneut eines von Eva Strittmatter herausgesucht.
Eva Strittmatters lyrische Werke sind jene, welche mich am längsten begleiten seit ich sie als Jugendliche im Bücherregal meiner Eltern entdeckt habe.
Ich lese unglaublich gern durch Strittmatters Gedichtbände. Die Gedichte entführen mich in die Natur. Strittmatters Verknüpfung der jahreszeitlichen Zyklen mit denen des Leben erscheint mir nur logisch. Sie findet Worte, die mir Mut machen, Worte, die mich einen bestimmten Schmerz noch einmal durchleben lassen, Worte, die mich verzücken und beglücken.
In Strittmatters Gedichten fühle ich mich verstanden. Sie ermutigen mich.
Ganz gleich, welchen Schmerz, welche Finsternis sie beschreibt. Stets empfinde ich in Eva Strittmatters Gedichten eine hoffnungsvolle Helligkeit.
Eva Strittmatter
Liebe
Wie furchtbar auch die Flamme war,
In der man einst zusammenbrannte,
Am Ende bleibt ein wenig Glut.
Auch uns geschieht das Altbekannte.
Daß es nicht Asche ist, die letzte Spur von Feuer,
Zeigt unser Tagwerk. Und wie teuer
Die kleine Wärme ist, hab ich erfahren
In diesem schlimmsten Jahr
Von allen meinen Jahren.
Wenn wieder so ein Winter wird
Und auf mich so ein Schnee fällt,
Rettet nur diese Wärme mich
Vom Tod. Was hält
Mich sonst? Von unsrer Liebe bleibt: daß
Wir uns halten. Kein Gras
Wird auf uns sein, kein Stein,
Solange diese Glut glimmt.
Solange Glut ist,
Kann auch Feuer sein.
Quelle:
STRITTMATTER, Eva: Ich mach ein Lied aus Stille. Gedichte. Aufbau-Verlag 1973, Edition Neue Texte, 1.Auflage, Berlin und Weimar, S. 31