„Es ist nicht zu übersehen, dass Du mit roten Wangen und breitem Grinsen aus dem Wochenende kommst.“ Sie fühlt sich ertappt, lächelt verlegen. Während das Blut in ihrem Kopf rauscht- eine tosende Brandung aus Endorphinen. Wo vorher Ebbe war in ihrem Körper, herrscht jetzt Flut bis in die tiefsten Höhlen. Das Wasser nährt sie, die sie am Austrocknen, am Verdorren war.
Für das hier gab es keinen Plan, kein Vorhaben. Es ist auch nicht einfach so passiert. Er hat den notwendigen Abstand zwischen ihnen eingehalten. Einander mit Blicken abzutasten ist jedoch distanzlos. Zuweilen anstandslos. Wie die Gedanken, welche es schaffen, die Distanz zwischen ihnen aufzuweichen. In Worte verpackt, sorgfältig versteckt hinter den ausgesprochenen Sätzen. Nur zu entschlüsseln für sie beide.
So nähern sie sich der verbotenen Zone, die eigentlich keine ist. Grenzen entstehen im Kopf. An demselben und einzigen Ort auf dieser Welt der unbegrenzten Möglichkeiten.
Haben seine Augen sie bereits hundertfach berührt- die erste Berührung seiner Hand verweigert sie. Auch die zweite und dritte, vierte, fünfte. Sie will kein Abenteuer (sein). Längst hat seine Stimme ihr Phantasien eingepflanzt. Es wird mehr und mehr unmöglich, sich ihr selbst zu entziehen. Ihre Wünsche pochen nicht nur zwischen ihren Schenkeln.
Ihr Mund ist staubtrocken, die Erde ihrer Seele verdorrt und rissig. Sie fühlt sich wie Brachland. So lange hat sie ihre Bedürfnisse angepasst. Nicht gelebt, was ihr existenziell ist. Ihre Leidenschaft an die Kette gelegt. Doch ihre Leidenschaft ist ein wildes Tier. Die Kette steigert ihre Wildheit nur ins Unermessliche.
Aus dem Nichts berührt seine Hand ihren Mund und er drückt seine Lippen auf seinen eigenen Handrücken. So beginnt es, das Rauschen der Brandung in ihrem Kopf.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Oh ja, natürlich. Und so gut be-und geschrieben, dass ich erahnen kann was in dir vorgeht und es mit dir macht. Ich wünsche dir, dass du die tosende Brandung, die jeder Mensch und jedes Lebewesen auf ganz verschiedene Weise braucht, dich mit Leben füllt so wie die Flut, die kommt und geht. Die Ebbe aber ist genauso wichtig wie die Flut, oder? Ohne die Ebbe gäbe es keine Flut und keine Welle und keine tosende Brandung. Vielen Dank für diesen Beitrag. B.
Ebbe und Flut. Kommen und gehen. Festhalten und loslassen.
Alles ist in Bewegung, im Fluss. Immer.
Danke Isabel.