BlogMas: 12. Dezember. Mission Sixpack – Eine Frau zerstört sich selbst // Teil 2

Hier ist Teil 2 meiner Mission Sixpack – meinem Bericht darüber, wie aus meiner Sport-Begeisterung eine Sport-Sucht wurde.

Trainieren wie ein Kerl

Alles in allem waren mein Körper und mein Kopf mindestens sechzehn Stunden am Tag mit Sport und Ernährung beschäftigt. Mission Sixpack. Von Montag bis Sonntag. Monat für Monat. Jahr für Jahr.
Irgendwann stellte sich auch keine Zufriedenheit mehr ein ob der ganzen Plackerei. Hatte ich ein sportliches Ziel erreicht, steckte ich mir schon das nächste. Ich lernte Push ups, Burpees, Klimmzüge, Seilspringtricks. Anfangs mit Spaß. Später immer verbissener. Ich wollte Muskeln. Ich wollte trainieren können wie ein Kerl. Ich wollte erneut einen Marathon in den Schweizer Alpen laufen und trainierte dafür mit zusammengebissenen Zähnen.
Ein Training ausfallen lassen kam nicht in Frage. Immer hatte ich schon ein schlechtes Gewissen beim bloßen Gedanken daran.

Ich bekam gar nicht mit, dass sich mein exzessives Trainieren mittlerweile in einen Kampf gegen mich selbst gewandelt hatte. Ich verzieh mir nichts. Keine Erkältung, keine Schwäche, kein Stück Schokolade. Schwäche erzeugte Wut in mir. Und diese Wut steckte ich in mein Training.

Immer wieder nahm ich Herzstolpern wahr. Mehrfach überkam mich ganz plötzlich ein Zittern am ganzen Körper. Oft beschleunigte sich mein Puls aus heiterem Himmel und Adrenalin flutete meinen Körper. Ich überspielte sämtlich Symptome, vor allem vor mir selbst. Und ich erzählte niemandem etwas davon. Denn ich hatte die Vorstellung von mir als Super-Woman. Ich bin die Frau, die alles schafft.

Mein Zusammenbruch

Inmitten eines flirrenden Sommertages auf dem Land während eines Trainingslaufes in der letzten Vorbereitungsphase zu meinem zweiten Bergmarathon bin ich zerbrochen.

Was ist mit meinen Beinen los? Warum sind meine Oberschenkel wie Pudding? Reiß dich zusammen!
Ich kann meine Beine nicht mehr koordinieren.

Warte mal, mir ist schlecht. Ich muss mich übergeben.

Ich kann nicht mehr.
Komm‘, weiter!

Mein verdammtes Herz, hör auf zu rasen!

Hinlegen. Nein, bleib‘ stehen! Beweg‘ dich! Atme! Komm schon. Luft rein, Luft raus. Ich kriege keine Luft!

Scheiße, ich falle um. Hilfe! Ich sterbe. Was ist los? Was ist das?

Hilfe! Ich muss mich bewegen. Atmen!

Angst. Ich habe Angst.

Scheiße, ich will jetzt nicht sterben!

Ich stand da auf diesem Feldweg, den Rucksack mit der Trinkblase auf meinem Rücken und fühlte mich so hilflos wie noch niemals zuvor in meinem Leben.
Ich hatte die Kontrolle verloren.
Mein Körper und alles darin begann, sich aufzulösen. Mein Kopf dröhnte von den Befehlen an mich selbst. Ich rotierte innerlich wie äußerlich. Mein Herz jagte davon. Alles drehte sich. Ein beklemmendes Gefühl im Brustkorb. Ich schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Vollkommen hilflos. Völlig allein.
Das war das Schlimmsten, was ich je gefühlt habe. Todesangst.
Mein Körper hatte sich mit einem Wimpernschlag in ein Gefängnis verwandelt. Flucht unmöglich.

Angstzustände und Panikattacken

Als wäre nun ein Damm gebrochen, funktionierte ich von diesem Tag an nicht mehr richtig. Angst wurde meine ständige Begleiterin. Angst, daß so etwas wie an diesem Sommertag noch einmal passiert.

Und es passierte. Immer wieder. Angstzustände und heftige Panikattacken lösten sich regelmäßig ab.
Ich erlitt Panikattacken bloß beim Durchblättern eines Laufmagazins, während meines Trainings, an der Kassenschlange im Supermarkt, während des Schlafens, am Autosteuer, während ich Kurse gab oder einfach spazieren ging.

Die Erinnerung an meinen Zusammenbruch auf dem Feldweg begleitete mich fortan. Die schrecklichen Gefühle waren omnipräsent in meinem Kopf.

Und weißt Du was? Ich wusste in der Tat nicht, was sich da mit mir abgespielt hatte. Ich hatte unfassbare Angst, zu sterben empfunden. Was mir unmissverständlich klar gemacht hatte, dass ich etwas an meinem Lebensstil verändern musste.

Trotzdem machte ich weiter. Behielt meinen Zusammenbruch für mich und schrieb mir neue Trainingspläne. Ja, ich trainierte weiter. Ich kontrollierte mich weiter. Ich hatte in jedem Training und Kurs Angst, dass ich sterben, zumindest zusammenbrechen würde. Was dazu führte, dass ich begann, ständig intensiv in mich hineinzuhören. Jedes winzige Anzeichen einer anormalen Funktionsweise meines Körpers löste Alarm in mir aus. Ich entwickelte mich regelrecht zur Hypochonderin.

Trotz meiner inneren Katastrophenstimmung war ich nicht in der Lage, mit meinen exzessiven Trainings und meiner überkontrollierten Ernährung aufzuhören. Ich fühlte mich unwohl, wenn ich nicht trainierte. Ich war nicht in der Lage zu begreifen, dass über zwanzig Stunden Sport pro Woche als Kursleiterin durchaus genug für meinen Körper sind. Über das beinharte Training definierte ich meinen Wert. Kein Training – kein Sixpack – keine Anerkennung- keinen Wert.

Mission failed?

Da posierte ich nun mit meinem Sixpack. Bedankte mich artig, wenn mir jemand Komplimente zu meinem Super-Bauch machte.  Und dachte nur, wenn der wüsste, welchen Preis ich dafür bezahle. Ich zerstöre mich selbst für meine Mission Sixpack.

Zögerlich keimte in mir das Bewusstsein, dass ich nicht weitermachen konnte wie bisher.

Wie kam es, dass ich meinen Fokus auf etwas derart Oberflächliches wie einen makellosen Körper fixierte? Jetzt hatte ich zwar ein Sixpack. Aber mein Selbstwertgefühl war eine Katastrophe.

 

To be continued…

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