Ich möchte Dir erzählen, wie aus meiner Begeisterung für Fitness eine Sportsucht entstanden ist. Ehrlich und schonungslos berichte ich Dir hier von meiner Mission Sixpack. Und wie ich mich dabei selbst zerstört habe.
Eines Tages stolperte ich im Internet über das Workout-Video einer unfassbar gut aussehenden, durchtrainierten jungen Frau. Unbekümmert stöhnend und schwitzend absolvierte sie ein HIIT-Workout mit jeder Menge Burpees, Liegestützen und Seilspringen.
Ihre Formen waren perfekt austrainiert. Kein einziges Gramm Körperfett. Und trotzdem wirkte der Körper dieser Frau noch weiblich. Der Busen unecht? Geschenkt.
Ich starrte unablässig und mit riesigen Augen auf ihre wunderschön ausgearbeitete Muskulatur an Schultern und Oberschenkeln. Die Kameraführung ließ auch keinen anderen Blick zu da diese unablässig auf ihren sexy schweißnassen Körper zoomte. Ich sah diesen Knackarsch, der verheißungsvoll und selbstverständlich absolut dellenfrei die Hotpants zu sprengen drohte. Ich sah dieses Sixpack, welches dem Betrachter dezent doch unmissverständlich ins Auge sprang.
Diese Frau war für mich die personifizierte Fitness. Das wollte ich auch: SO fit sein. Und vor allem: SO aussehen!
Mein Auftrag von da an: Mission Sixpack!
Mission accepted
Ich registrierte mich auf der Website dieser Internet-Trainerin und begeisterte mich fortan hemmungslos für alles, was sie über Fitness und Ernährung erzählte. Nicht eines ihrer Workout- und Ernährungs-Videos verpasste ich. Ohne zu hinterzufragen sog ich sämtliche ihrer Informationen in mich auf.
Sie predigte, tägliches Training, Disziplin und gesunde Ernährung seien der Schlüssel zu meiner Fitness. Und zu meinem Sixpack. Passend dazu lieferte sie auf ihrer Website Trainingspläne sowie ein eigenes Ernährungskonzept.
So fand ich mich ziemlich schnell nicht nur in einer täglichen Fitness-Routine wieder, sondern auch in einer Abhängigkeit von diversen sozialen Medien. Mehrere Stunden am Tag verbrachte ich damit, im Internet haufenweise Bilder, Texte und Videos von Bodybuildern und Fitness-Models zu konsumieren. Alle versprachen, mich mit ihren Tipps und Tricks zur Form meines Lebens zu bringen. Sixpack inklusive.
Trainieren nach Plan
Ich trainierte.
Ich trainierte täglich.
Manchmal zweimal am Tag. Und immer zusätzlich zu meinen Kursen, die ich als Fitnesstrainerin ohnehin absolvierte. Das waren an manchen Tagen sechs Kurse à 60 bis 90 Minuten plus zwei bis drei Stunden Training.
Für mein Sixpack legte ich mich richtig ins Zeug: Hochintensives Intervalltraining (HIIT), Training mit Gewichten, Seilspringen, Kettlebelltraining. Ach ja, Lauftraining absolvierte ich auch noch. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, am Rady’s, einem zweitägigen Marathon in den Schweizer Alpen, teilzunehmen. Mein Training war minutiös durchgeplant. In einem Buch legte ich Wochenpläne an mit meinen Trainings und Workouts. Und hielt darin zur Analyse meiner Leistung sämtliche absolvierten Zeiten und Gewichte fest.
Die meiste Zeit ging es mir gut. Das viele Training bescherte mir ein enormes hormonelles Dauerhigh. Und da meine Muskulatur genetisch bedingt recht schnell auf Gewichttraining reagiert, konnte ich in relativ kurzer Zeit die sichtbare Veränderung meines Körpers wahrnehmen. Meine Muskelmasse nahm zu, mein Körperfett nahm ab. Ich war auf dem Weg zur fittesten Version meiner selbst.
Manchmal fühlte ich mich sehr müde, ausgelaugt und schlecht gelaunt. Was ich einfach mit einem weiteren Training kompensierte. Schließlich macht Sport glücklich, denn Bewegung setzt im Körper Glückshormone frei.
Dass mein Körper überlastet sein könnte vom dauerhaften Trainieren kam mir nicht in den Sinn.
Essen nach Plan
Meine Ernährung war genauso durchgeplant wie mein Training.
Kohlenhydrate verbannte ich von meinem Speiseplan. Die waren fortan der Feind in meinem Essen. Reiswaffeln statt Brot. Magerquark statt griechischem Joghurt. Broccoli statt Banane. Eiweiß als Pulver und Riegel hielt kiloweise Einzug in meine Küche und in meinen Magen.
Am familiären Esstisch wurde ich fortan zur Plage. Nicht nur mit meinen Restriktionen bei meinem eigenen Essen. Ich versuchte auch gleich noch, meine Familie zu missionieren.
In einem Ernährungs-Tagebuch dokumentierte ich penibel wann ich was, wo und in welcher Menge gegessen hatte. Die einzelnen Nährstoffe ordentlich farblich markiert: rot die Kohlenhydrate, gelb die Fette, orange die Eiweiße, grün die Vitamine, blau die Nahrungsergänzungsmittelchen. Für die Auswertung des Ernährungs-Tagebuches ging dann nochmal täglich mindestens eine Stunde drauf. Meine Mission Sixpack war schließlich keine Unternehmung, welche mit Zufall und Nachlässigkeit zum Erfolg geführt werden konnte.
Disziplin!
Reiß dich zusammen!
Jetzt gib bloß nicht klein bei, nur weil du dieses Herzstolpern hast. Du redest dir was ein!
Und neulich beim Trainingslauf, dieser Schwächeanfall?
Ach, du hättest einfach ordentlich essen sollen vorher.
Los, weiter!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
War gespannt….dachte mir schon was kommt….noch kommen wird….. So ähnlich….selbst erlebt 2011/12/13….. 2o kg runtergerannt/gehungert….ohne Rücksicht auf meine Gesundheit(wirkt bis heute nach …..joggen kann ich knicken…Schienbein, Knie….)
Denke heute, das waren schon Vorstufen zu meiner Depression, wobei….ich denke, ich steckte da schon tief drin….nix Vorstufe…..
War wie getrieben, konnt nix anderes denken, machen…..
Bis zum Knall.
Bin auf deine Fortsetzung gespannt…….
Liebe Grüße, Bianca
(Milkandcoffee73)
Bin ich froh, dass wir zusammen sitzen und Pralinen essen können!!!